Black Panther is „Back in Black“ in der „Black Week“ – Bei „Wakanda Forever“ wird man so langsam Marvel-müde.
Auch wie im letzten Jahr ging unsere kleine Möchtegern-Kino-Kritiker-Gruppe „NurBestesArthouse“ wieder gemeinsam aus Anlass eines Geburtstages ins Kino. Letztes Jahr war das mit „Ghostbusters 3“ ein wahres Fest (hier unsere "Kritik" dazu)! Dieses Jahr bestand die Auswahl zwischen „Black Adam“ von DC und „Black Panther: Wakanda Forever“ von Marvel. Da „Black Adam“ mit Dwayne „The Rock“ Johnson wirklich mieseste Kritiken abbekommen hatte, entschieden wir uns für den Schwarzen Panther. Gut, lange darüber nachdenken mussten wir trotz einiger Wrestling-Begeisterungen in der Gruppe dabei auch nicht wirklich.
Die folgende Kritik ist ausschließlich von mir. Ein Gruppenmitglied musste früher los. Denn trotz 9 Euro/29 Euro/49 Euro (zukünftig)-Ticket gibt es immer noch keine die Nacht durchgehende Bahnverbindung in das West-Brandenburgische Umland und so musste der Freund leider früher aus dem Kino. Und das andere Gruppenmitglied ist irgendwie auf Dienstreise, glaube ich jedenfalls. Das hat zwei Vorteile: Erstens gibt es keine langwierigen Abstimmungsprozesse, die zugegebenermaßen bei uns immer recht gut im Konsens verlaufen und Zweitens können jetzt die beiden anderen auch gerne in den Kommentaren ihre eigene Meinung nach dem Motto „Das wird man doch noch sagen dürfen!“ hinterlassen.
Als ich meiner Frau erzählte, dass das jetzt der 30ste Film im Marvel Cinematic Universe (MCU) ist – ohne die Serien, Specials und Spin Offs natürlich – musste ich schon selbst darüber nachdenken, dass das Ganze jetzt wirklich Dimensionen angenommen hat, die an den Untertitel einer Die-Ärzte-Compilation mit dem Titel „Die Ärzte Früher (1982-83)“ erinnerte: Der Ausverkauf geht weiter! Selbstironisch, wie Die Ärzte damals schon waren, kam die Scheibe nach ihrer vorläufigen Trennung 1988 raus. Bei „Black Panther: Wakanda Forever“ ist es nicht so, dass sich die MCU-Helden getrennt haben und wiederfinden mussten. Der Original-Black Panther-Darsteller Chadwick Boseman ist tatsächlich im wahren Leben gestorben und so hatte der zweite Black Panther-Solofilm auch wirklich mehr als eine schwere Bürde zu tragen. Denn die MCU-Macher haben gleich nach dem Tod dargelegt, dass sie den Original-Black Panther – im Filmleben T’Challa, gleichzeitig König von Wakanda – nicht mit einem neuen Schauspieler besetzen wollten. Aber was macht man dann, wenn die Show weitergehen muss oder vielmehr soll?
„Back in Black“ mit ein bisschen Atlantis, Weltverschwörung und dem Kampf der unterdrückten Völker untereinander
AC/DC haben sich, nachdem ihr Sänger Bon Scott vollkommen unerwartet verstorben war, einen neuen Sänger geholt und mit „Back in Black“ eine großartige Würdigung für ihr verstorbenes Bandmitglied geschaffen. Teilweise gelingt das auch bei „Wakanda Forever“. Auch in dem Film stirbt Black Panther T’Challa ganz zu Beginn und OffScreen. Die erste Hälfte ist einer wirklich ergreifenden und berührenden Trauer für Chadwick Boseman gewidmet, der aus meiner Sicht tatsächlich einer der interessantesten MCU-Superhelden gewesen ist. Im ersten Black Panther-Film, der fast durchweg positive Kritiken bekam und die Wakandaische Kultur beindruckend präsentiert hat, zerstörte T‘Challas Cousin Killmonger das sog. „Kraut“, das die Black Panther-Kräfte hervorrruft. Und so konnte nicht einfach ein neuer Black Panther etabliert werden. Zumindest drei Kandidatinnen hätte es gegeben: T‘Challas Mutter, jetzt nach dem Tod ihres Sohnes selbst Königin, T‘Challas Ex Nakia oder die wissenschaftsbegeisterte Schwester des verstorbenen Königs, Shuri. Auf letztere Variante kommen wir am Ende noch einmal zurück.
Doch vorerst ziehen – natürlich, sonst gibt es keinen Spannungsbogen – handfeste Bedrohungen auf. Auf der einen Seite wollen die Westmächte – hier explizit Frankreich und die USA – an das Edel-Metall Vibranium ran, das Wakandas technologischen Fortschritt und auch seine enorme Kampfkraft ermöglicht hat. Auf der anderen Seite „besucht“ Namor, der König eines Unterwasservolkes, das in der Darstellung an die Kultur von Azteken und Inka angelehnt ist, Wakanda und fordert, dass ihm eine Ingenieurin, die einen Vibranium-Sensor, mit dem die US-Amerikaner auf Vibranium-Suche im Wasser gehen, ausgeliefert wird. Namors Reich Talocan hat nämlich selbst Vibranium-Vorkommen in den Tiefen des Meeres entdeckt und seinerseits damit ein bisher unentdecktes mächtiges Unterwasser-Imperium geschaffen. In den Comic-Vorlagen ist das Atlantis. Aber das ist es auch bei DCs „Aquaman“ und vielleicht haben sich die MCU-Verantwortlichen gedacht, dass das zu weiteren Verwirrungen führen könnte. Und so hätte man auch gleichzeitig die zwei in der wahren Welt ehemaligen kolonisierten Kontinente Afrika und Südamerika als Elemente, die sich jetzt gegen den Westen und ihre ehemaligen Kolonisatoren (der Begriff taucht tatsächlich im Film mehrfach auf) auflehnen könnten. In der Theorie tatsächlich ein schöner Gedanke, aber in der Filmpraxis spielt die Vibranium-Storyline und der „Westen“ dann überhaupt keine Rolle mehr.
Die südlichen Völker sind halt so!
Tatsächlich fangen dann nämlich Wakanda und Talocan Krieg miteinander an wegen einer – man muss es so sagen – stereotypisch dargestellten Blutrache-Fehde. Der Westen weiß es ja. Die Wilden hauen sich halt dann untereinander die Köppe ein, wenn die zivilisierten Kräfte sich nicht kümmern. Unterstützung bekommt Wakanda dabei von der besagten Ingenieurin, die – warum, womit und wo auch immer – einen „Iron Man“-Anzug gebaut hat und wohl auch in einer neuen MCU-Serie mit dem Titel „Ironheart“ eine Hauptrolle bekommen wird. Und natürlich – auch das ist jetzt kein Riesenspoiler, da im Trailer und auf Postern schon so angedeutet – mit Schwester Shuri als neue Black Panther!
Es gibt noch ein paar Nebengeschichten, die nicht wirklich reinpassen (zum Beispiel die Story um CIA-Agent Ross, gespielt von Martin Freeman) und eine große Schlacht, die diesmal auf dem Wasser stattfindet. Aber das war´s dann irgendwie auch. Das alles aber dennoch vorne und hinten eingebettet in die Trauergeschichte um T’Challa. Und das sind dann aber wirklich auch die wenigen, aber besten Momente einer Marvel-Geschichte, die jetzt wieder mal eine Phase (Ich glaube, wir sind jetzt bei Phase 4!), die irgendwie an vielen Ecken nicht zusammenpasst, abschließen soll.
Soundtrack, Wokeness und kulturelle Aneignung
Aus einer rechten Ecke würde man dem Film tatsächlich wohl Wokeness vorwerfen können. Die starke und emanzipatorische Rolle von Frauen, Schwarzen und indigen südamerikanischen Völkern sind Leitmotive des Films und der dargestellten Kultur. Alleine gesehen funktioniert das auch gar nicht so schlecht. So sind die schwarze Kriegerin Okoye oder M'Baku, der mächtige der Stammesführer Jabari, der immer mal wieder König werden will, es nie wird, aber am Ende dennoch immer loyal ist, wirklich bereichernd in ihren Auftritten. Auch Schurke Namor und sein Volk wissen durchaus zu überzeugen, wenngleich seine Flügel an den Füßen durchaus lächerlich wirken. Aber das gibt die Comic-Vorlage nun einmal so her. Auch der Soundtrack weiß erneut zu überzeugen. Beim ersten Black Panther-Film zeichnete ein gewisser Kendrick Lamar verantwortlich für den Soundtrack. Jetzt sind es eine Rihanna genannte Künstlerin für den Soundtrack, der wohl eine größere Karriere vorausgesagt wird und der Schwede Ludwig Göransson, der den Score des Films verantwortet. Göransson ist ein langhaariger weißer Schwede, der schon beim ersten Film mitgewirkt hat und unter anderem die Filmmusik der Star Wars-Serie „The Book of Boba Fett“ gemacht hat (Eines der wenigen Highlights dieser Show. Siehe hierzu unsere Video-Kritik.).
Bei „Wakanda Forever“ stechen insbesondere die Titel-Motive von Namor und Talocan sowie die afrikanische Trauermusik zu T‘Challas Tod heraus, die tatsächlich wohltuend positive Aspekte des Films sind. Und über kulturelle Aneignung des Schweden Göransson kann man vielleicht diskutieren, aber aus meiner Sicht gilt, was wir hier schon öfter besprochen haben: Wenn man sich vor der Kunst quasi „verneigt“ und dann auch noch mit den Schaffenden der Kultur, die man sich vermeintlich aneignet, so intensiv zusammenarbeitet, dann darf man das! Auch hier sind natürlich andere Meinungen möglich. Wir leben schließlich nicht in Katar.
…und ein sozialkritisches Schlagzeugsolo später
In eine richtige Tiefenanalyse zu diesem Film braucht man eigentlich gar nicht gehen. Viel Potential wurde hier im Storytelling verschenkt. Die Diskussion über die autoritäre bzw. dynastisch-monarchische Regierungsform Wakandas hätte neben der Vibranium-Geschichte hier eine Rolle einnehmen können. Ansätze dazu gab es bereits im ersten Teil. Aber auch hier hat mit Killmonger ein „vergessenes“ Mitglied der Königsfamilie die Macht übernehmen wollen. Die wirklich misslungene deutsche Übersetzung des Schlachtrufs „Wakanda Forever!“ mit „Wakanda über alles!“ ist dabei nicht nur unsensibel, sondern auch ein wenig symptomatisch.
Zwei Schlagzeilen lieferte der Film über die Dreharbeiten hinweg: Die tatsächlich wichtige Diskussion darüber, ob man Chadwick Boseman damit gerecht werden kann und dann noch die leidige Storyline über die Verschwörungstheorien und Corona-Leugner-Aussagen der neuen Black Panther-Darstellerin Letitia Wright. Vielleicht hätte man aber eine dritte Meta-Linie einziehen sollen und als MCU-Verantwortliche darüber reflektieren müssen, wie man den großen Supererfolg der ersten Marvel-Phasen, die in den Avengers-Filmen „Infinity War“ und „Endgame“ so fulminant auf die Leinwand gebracht wurden, überhaupt noch einmal toppen oder mindestens gleichwertig darstellen kann. Aber nichts is. Der Ausverkauf geht weiter! Passt ja auch irgendwie in die „Black Week“ mit zahlreichen Angeboten gerade! Ab jetzt läuft das Guardians of the Galaxy „Holiday Special“ (Als Star Wars-Fan zuckt man allein bei dem Begriff zusammen!). Ihr müsst einfach immer weiterschauen.
Ich bin spätestens nach den ersten sieben gesehenen Minuten von She-Hulk Marvel-müde. Das ist aber eben nicht alleine das Problem von „Wakanda Forever“. Dieser hatte im Mittelpunkt die Traueraufarbeitung für Chadwick Boseman und die ist trotz aller Kritik an Storyline und geopolitischem Setting schon recht gelungen.
T’Challa wird trotz der hier kritischen Worte immer einen Platz in meinem MCU-Herz haben!
Anis „Die Klaue“
PS: Wartet nicht auf die Post-Credit-Scene! Da steht nur „Black Panther will come back“…
Sein Blick ist vom Vorübergehen der Stäbe so müd geworden,