Interview zum Film!

Wir haben mit einem befreundeten Indy-Fan ein Interview zum neuen Film geführt. Da der Kollege anonym bleiben möchte, nennen wir ihn aufgrund seiner teils französischen Herkunft einfach Belloq. Er war bei der Premiere von "Das Rad des Schicksals" in Berlin live dabei - mit Harrison Ford persönlich!

Frage 1: 

Du warst bei der Premiere von Indy 5 und der dazugehörigen Pressekonferenz mit Harrison Ford in Berlin dabei. Auch wenn wir Dich dafür hassen 😊, wenn Du schon da warst, wie war Dein Eindruck von einem 80-jährigen Harrison Ford? 

 

Wird dieser Mann wirklich bald 81 Jahre alt?! Hat der große Schluck aus dem „Heiligen Gral“ wirklich seine volle Wirkung entfaltet?! Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich ihn für einen Mitsechziger halten. Kurz, Harrison Ford sah fit aus. Ansonsten verhielt er sich wie immer bei solch auf öffentlichen Auftritten: Mürrisch und genervt. Allerdings wurde er im Laufe des Pressegesprächs sowie auf der Premiere emotional. Ford kamen die Tränen als er über die nun jahrzehntelange Bedeutung der Indy-Reihe für Familien sprach und wie glücklich er diese Generationen machen konnte. Das nahm sowohl Presse als auch Premierenpublikum emotional mit, da man das von Ford bzw. Indy so nicht kannte. Für Ford war er eine Art Abschlusstournee (der Indy-Reihe!) bei der er sich dankbar zeigte und auf sein Lebenswerk blickte. 

 

Frage 2: 

Als ich Dich kennengelernt habe, ist mir natürlich sofort das Poster von „Der letzte Kreuzzug“ in Deinem Büro aufgefallen. So ein einschlägiges Poster ist ja auch ein Statement. Welche Rolle spielt der Film und die gesamte Indy-Reihe für Dich und was ist dieser ganz große „Mythos“, der Indiana Jones umgibt. 

 

Die Indy-Reihe spielt eine große Rolle in meinem Leben – deshalb fällt dieser Abschluss auch so schwer. Ich habe die Filme mit meinem Vater geguckt, was für mich schöne Vater-Sohn-Momente waren. Bis heute gucken wir gemeinsam Harrion Ford-Filme. Zu meinem Schulübertritt auf das Gymnasium hat mir mein Vater damals einen Indiana Jones-Hut geschenkt, was für mich das größte Geschenk überhaupt war. Das Poster von „Der letzte Kreuzzug“ habe ich in meinem Büro, weil es für mich der beste Film aus der Indy-Reihe ist. Der Mythos?! Indy ist einfach der perfekte Held, der die interessantesten Geschichten erlebt. Man möchte ab Minute 1 an Indys Seite sein und das Abenteuer selbst erleben – bis auf die Schlangen. Die brauche ich nicht. 

 

Frage 3: 

Indy ja auch nicht😊! Die Kritiken zu „Das Rad des Schicksals“ wie auch die Einnahmen sind geradezu verheerend. Der Film ist der erste (vielleicht auch der letzte?) von Disney verantwortete Indy-Film. Hat der Film dieses schlechte Echo verdient und wie ordnest Du ihn im Vergleich zum ebenso kritisierten vierten Teil ein? 

 

Vierte Teil?! Gab es einen vierten Teil? Ich dachte, dass „Das Rad des Schicksals“ der vierte Teil wäre. Nein, Spaß beiseite. Ich finde, dass „Das Rad des Schicksals“ diese Kritiken nicht verdient hat. Das ist ein guter Abenteuerfilm mit einer guten Story und einem Harrison Ford, der offensiv zeigt, dass er alt geworden ist und damit nicht mehr jeden Faustkampf gewinnt sowie bei jeder Verfolgungsjagd oben auf ist. Ich würde den Film sogar auf Platz Drei – hinter „Der letzte Kreuzzug“ und „Jäger des verlorenen Schatzes“ – setzen. Aber: Ich hoffe, dass Disney die Reihe nicht fortsetzt.


Und wenn Ihr jetzt Lust auf mehr bekommen habt, lest gerne unsere gleich folgende Review!

Indiana Jones und das Rad des Schicksals – Grabräuber, Nazis und das große Problem mit Zeitreisen in kultigen Film-Franchises 

 

Wieder einmal traf sich unsere bekannte Gruppe „NurBestesArthousKino“, um sich für Euch auf die Spuren und Hinterlassenschaften vom „Jäger des verlorenen Schatzes“ zu begeben. Richtig, wir haben für Euch den fünften Teil der „Indiana Jones“-Reihe angeschaut und lassen Euch jetzt sogar an unseren Eindrücken teilhaben!

 

In der Vorbesprechung wollten wir uns, dem Leitmotiv eines Songs der Band Team Scheisse folgend, eigentlich „um schöne Dinge kümmern“, haben uns aber dann wieder doch dem „Abschaum“ gewidmet und knapp eine Stunde über das Erstarken der AfD in Deutschland diskutiert. Das sind zwar immer noch knapp 1,5 Stunden weniger als die Zeit, in der sich unser Indy in seinem neuen Abenteuer mit Nazis rumschlägt, aber gefühlt doch einfach zu viel Zeit für so einen Mist! Wenigstens war es bei uns nur verbal, wohingegen Harrison Ford a.k.a Indiana Jones, alias „Blade Runner“ Decker oder auch bekannt als Han Solo, sich gleich zu Beginn des Films mit einem ganzen Zug voller Nazis aus dem Dritten Reich auch körperlich auseinandersetzen muss. Aber zuerst ein paar Infos vorweg. 

 

Das goldene Franchise der Popkultur

Wie Ihr in den Aufzählungen der Figuren, die Harrison Ford verkörpert hat, seht, hat der jetzt 80-jährige Mann gleich in drei absoluten Kult-Franchises ikonische Rollen gespielt. In „Star Wars“ spielte er den Weltraum-Cowboy Han Solo, in „Blade Runner“ Replikanten-Jäger Decker und eben Indy bzw. Dr. Henry Jones Jr. in „Indiana Jones“. Was muss das für ein goldenes Zeitalter gewesen sein? Leider waren wir zu jung bzw. noch gar nicht geboren, um die Filme auf der Leinwand in Erstaufführung zu sehen. Wenn man als Arthouse-Fan eine Zeitmaschine hätte, wäre der Beginn der 80er Jahre eine gute Zeit, um zurückzufahren. Aber dazu später mehr. Fakt ist, dass „Das Imperium schlägt zurück“ 1980 erschien, „Jäger des verlorenen Schatzes“, der erste „Indiana Jones“, 1981 und „Blade Runner“ 1982. Der erste Film der „Star Wars“-Reihe mit Harrison Ford lief bereits vorher 1977. Das muss man erst einmal hinkriegen! In drei aufeinander folgenden Jahren einen zentralen Hauptcharakter in drei mittlerweile absoluten Kultfilmen zu spielen. Wir würden uns sehr nahestehende Verwandte verkaufen, um auch nur bei einem dabei davon gewesen zu sein😊. 

Tatsächlich, und das sagen wir als die größten „Star Wars“-Fans und große Freunde vom „Blade Runner“, ist aber Indiana Jones wohl so etwas wie die kultigste Figur von Harrison Ford in der Popkultur geworden. Das zeigt sich immer wieder an dem ikonischen unverwechselbaren Outfit mit Fedora-Hut und Peitsche, dem sofort erkennbaren Soundtrack, aber auch an immer wiederkehrenden Reminiszenzen in den Niederungen popkultureller Entwicklungssphären. So gab es zum Beispiel die Maßgabe von „Star Wars“-Erfinder George Lucas, dass der Hauptdarsteller in der „Star Wars“-Parodie „Spaceballs“ von Mel Brooks nicht so aussehen dürfen würde wie Han Solo. Und so steckte Brooks seinen Helden Lonestar in eine „Indiana Jones“-Lederjacke. Auch bei Disney, die mittlerweile auch das „Indiana Jones“-Imperium geschluckt haben, trägt einer der Protagonisten von „Chip und Chap - Die Ritter des Rechts“ Hut und Lederjacke (Weiteres Nerdwissen, das keiner wirklich niemals braucht: Der andere ist an „Magnum“ angelehnt). „Indiana Jones“ ist somit schon so etwas wie das goldene Franchise der Popkultur. Fast genauso golden wie das Artefakt, um das es in der allerersten Begegnung mit Indiana Jones in der legendären Anfangssequenz von „Jäger des verlorenen Schatzes“ geht. 

 

Der Grabräuber auf der ständigen Suche nach Artefakten

Von diesen Begegnungen gibt es (auf der Leinwand) mittlerweile vier, wobei sich die Kritiker (meistens, fast immer männlich) nicht ganz einig sind hierbei. Einige, sogar eine große Anzahl, erkennt eigentlich nur die Teile eins bis drei als die wahren „Indy“-Filme an: „Jäger des verlorenen Schatzes“ (1981), „Der Tempel des Todes“ (1984) und „Der letzte Kreuzzug“ (1989). Der 2008 erschienene vierte Teil „Das Königreich des Kristallschädels“, in dem tatsächlich das erste Mal in der Reihe Außerirdische vorkamen, wurde dafür in breiter Front zerrissen. Wobei man heute mit etwas Abstand schon sagen kann, dass das Auftauchen von Außerirdischen jetzt auch nichts total Aufregendes in dieser Reihe ist, da es vorher auch schon immer um mystische Dinge wie die Bundeslade, magische Steine und den Heiligen Gral ging, die als historische Artefakte selbst magische Kräfte entfachten. Indiana Jones selbst ist dabei im Hauptleben ein beliebter Professor für Archäologie und nur im Nebenjob Abenteurer. Dafür schmeißt er sich regelmäßig in Lederjacke, zieht seinen Hut auf und schnallt seine Peitsche an den Gürtel. Dann geht er los, sucht Artefakte, bekämpft Nazis in den 1930ern, eine obskure Voodoo-Sekte in Teil 2 oder eben dann die bösen Sowjets im vierten Teil und am Ende wird alles schön und der Held reitet dem Sonnenuntergang entgegen. Klingt langweilig, schon tausendfach erzählt, aber um den doch ganz speziellen Charme dieser Reihe zu verstehen, muss man sie schon gesehen haben. Daher empfehlen wir zumindest an der Stelle die ersten drei Teile zu schauen, bevor Ihr hier weiterlest😉. 

 

Nazis, überall Nazis!

 

An dieser Stelle sei auf einen Punkt hingewiesen, der dem Film an sich nicht schlecht steht und in dem man eine beklagenswerte Parabel zu unserer Gegenwart erkennen könnte, so man denn wolle: die verdammten Nazis sind einfach überall! Ein Zug voller Nazis macht den Auftakt, der zuweilen den Eindruck vermittelt, dass er nur deshalb bis an das Wagondach mit Faschisten vollgestopft wurde, damit diese dann fein säuberlich und der Reihe nach von einer fehlgeleiteten Flak von der Waggonwand geballert werden können. Was an dieser Stelle aber zunächst noch Freude macht anzusehen, setzt sich in den folgenden Filmeinstellungen zu einer massiven Dauerpräsenz der braunen Bösewichter in nahezu jeder Einstellung durch. Indy im archäologischen Archiv in New York? – Guten Tag, die Herren Nazis sind wieder da. Eine Verfolgungsjagd durch Brooklyn? Natürlich nur mit den bewährten Nazis von gerade eben. Eine weitere Verfolgungsjagd durch Marrakesch? Die Nazis sind nicht weit. Schatzsuche im Mittelmeer? Nazis, ahoi! Versteht uns nicht falsch, natürlich machen Verfolgungsjagden ohne die Antagonisten auch überhaupt keinen Sinn, und anders wird sich der Wettlauf zwischen Indy und den bösen Jungs kaum darstellen lassen. Aber stellenweise ist die Nazi-Präsenz doch erdrückend, ein wenig mehr Charakterzeichnung, vielleicht auch ein paar Grau-, Verzeihung, Braun-Schattierungen und etwas Plotentwicklung, bevor von rechts wieder Mads Mikkelsen mit seinen aufgepumpten Nazi-Schergen um die Ecke biegt, wäre doch auch drin gewesen. Es ist zum Hände ringen, aber das kennen wir ja auch schon aus der Realität bei diesem leidigen Thema. 

 

Ist die Handlung in einem Indy-Film überhaupt relevant?

 

Tatsächlich lässt sich die Handlung in „Das Rad des Schicksals“ in weiten Teilen als Abfolge von „die Helden reisen irgendwo hin, finden ein Artefakt, die Nazis tauchen auf, Verfolgungsjagd/Action-Sequenz, die Helden entkommen“ beschreiben. Das ist dabei per se erstmal nicht schlimm, niemand erwartet von „Indiana Jones“, der von George Lucas bekanntlich ebenso wie „Star Wars“ von den Serials – Abenteuer- und Science-Fiction-Serien, die in kurzen Episoden vor den Hauptfilmen im Kino gezeigt wurden – seiner Kindheit inspiriert wurde, tiefschürfende Gespräche und komplexe Beziehungsinteraktionen. Auch wenn „Der letzte Kreuzzug“ was Charakterzeichnungen und Plot-Twists angeht da doch schon etwas weiter war. Fun fact übrigens: Indiana Jones ist in „Das Rad des Schicksals“ vier Jahre älter als sein Vater in jenem Film, Harrison Ford gar 22 (!) Jahre älter als Sean Connery damals. Dabei sind wir bei einem nicht zu ignorierenden Punkt – dieser Indy ist inzwischen im Rentenalter, die Möglichkeiten als „Leading Action-Man“ naturgemäß etwas begrenzt. Der Film hebt diesen Kontrast selbst hervor, in dem er in der traditionellen Eröffnungssequenz noch einmal einen jungen (nun ja, jüngeren – dort ist er 45) Indiana Jones zeigt, der gegen Ende des zweiten Weltkrieges wieder mal den Nazis ein mystisches Artefakt abluchst. Diese natürlich weitgehend auf Computertechnik basierende Sequenz ist durchaus beeindruckend, wenn auch das „Uncanny Valley“ CGI-generierter Figuren nicht ganz verlassen werden kann – oder liegt das daran, dass wir ja wissen, dass dies nicht der echte junge Harrison Ford sein kann? It’s all in your head – dazu später noch mehr.

 

25 Jahre später treffen wir Indy kurz vor seiner Pensionierung an der Uni in New York wieder – leider folgt der Film hier zunächst der scheinbaren Regel, dass die Helden ihre vergangenen Erfolge nicht genießen dürfen, sondern von Schicksalsschlägen heimgesucht einsam und verbittert werden (siehe auch hier: „Star Wars“). Hatte Indy im letzten Film noch seine Liebe aus dem ersten, Marion Ravenwood, geheiratet und mit seinem Sohn Mutt einen potentiellen Nachfolger, ist letzterer inzwischen in Vietnam gestorben und erstere hat ihn verlassen. Nun kann man das den Machern hier nur bedingt ankreiden – einem weiteren Auftritt von Mutt stand nicht nur die Unbeliebtheit der Figur bei Fans sondern vor allem auch der exzentrische Lebenswandel von Shia LeBeouf entgegen, dessen Rollen nicht nur aus diesem Franchise sondern auch relativ brutal aus der „Transformers“-Reihe befördert wurden. Marion wiederum fällt als Altersgenossin Fords als Abenteuer-Kumpanin ebenfalls aus – notgedrungen etabliert der Film also mit Indys Patentochter Helena Shaw (Phoebe Waller-Bridge) einen neuen jugendlichen Charakter, der Indy aus der Lethargie in ein letztes großes Abenteuer zieht. Erfreulicherweise findet dieser sich schnell wieder in der alten Rolle zurecht und prügelt, rennt, und puzzelt sich in guter alter Indiana Jones-Manier durch die Jagd nach dem aktuellen MacGuffin, das titelgebende „Rad des Schicksals“.  

 

Ein wenig hat man zwar den Eindruck, die Macher wollten mit Länge etwas die begrenzten Möglichkeiten des gealterten Helden oder die leider etwas mangelnde Originalität der Verfolgungsjagden (hier setzten die Filme der 1980er einfach Maßstäbe) ausgleichen, dennoch macht das wieder großen Spaß und ist unverkennbar „Indiana Jones“ – auf allzu viel Dekonstruktion wurde trotz der tragischen Backstory in der Handlung selbst verzichtet. Wobei man das diesmal ersehnte archäologische Objekt, die „Antikythera“ des Archimedes, in gewisser Weise durchaus als Metapher verstehen kann, es handelt sich nämlich – for all intents and purposes – um eine Zeitmaschine. Dr. Jürgen Voller, der Indiana schon 1944 im Zug begegnet ist, möchte damit in das Jahr 1939 zurückreisen, um Hitler abzulösen und ohne dessen Fehler (wie alle überlebenden Wehrmachtsgeneräle versicherten, waren nämlich nicht nur die Verbrechen sondern auch die militärischen Desaster alles dessen Schuld – was natürlich historischer Unfug ist) den Krieg zu gewinnen. Leider erfahren wir diesen Plan erst 15 Minuten vor Schluss, der Dramatik hätte es gutgetan, wenn die Bedrohung der Geschichte selbst früher etabliert worden wäre. Sei es drum, im letzten Abschnitt wird es dann „batshit crazy“, wie die Amerikaner sagen – Indy, Helena und die Nazis landen nicht im Jahr 1939 sondern zur Zeit des Archimedes mitten in einer Schlacht zwischen Griechen und Römern! Das ist so absurd wie es klingt und wird die Meinungen (auch unsere) sicher spalten. Um aber auf den Aspekt der Metapher zurückzukommen: Am Ende möchte Indy eigentlich in der Vergangenheit bleiben – der Traum eines Archäologen, selbst zur Geschichte zu werden, aber auch der Verweis darauf, dass Indiana Jones ein Mann der Vergangenheit ist. Helena (Zufall, dass sie denselben Anfangsbuchstaben hat wie „Hollywood“?) lässt dies jedoch nicht zu, knockt ihren Patenonkel kurzentschlossen KO und transportiert ihn zurück in sein New Yorker-Apartment, wo immerhin seine alten Freunde warten.      

 

 

Das Problem mit den Zeitreisen

Wie hier schon angedeutet ist die Zeitreise im letzten Teil des Films eine gewagte Entscheidung. Natürlich ließe sich anführen, wenn es magische Artefakte und Außerirdische gibt, warum nicht auch Zeitreisen? Die Antwort ist: Weil das fast nie logisch ist! Das gilt selbst, wo die Zeitreise das zentrale Thema des Films ist. In allen größeren Arthouse-Projekten wie etwa der „Terminator“-Reihe oder den „Avengers“ werden durch die vollzogenen Brüche des Raum-Zeit-Kontinuums große Logikbrüche, und verwirrende Zeitleisten, die nach dem fünften oder sechstem Teil oder einer dazugehörigen Serie nicht mehr verstanden werden, dem Zuschauenden vor die Füße geworfen. Und so ist es leider auch etwas bei „Das Rad des Schicksals“. 

 

Der Obernazi wollte in die Zeit zurück und Hitler töten. OK, erst einmal ein gutes Motiv. Aber warum sollte ein recht unbekannter SS-Führer dann an Hitlers Stelle treten. Was wäre mit Göring, Himmler, Heß und all den anderen Schergen passiert? Wären sie bedingungslos dem neuen „Führer“ gefolgt? Und so edel waren ja seine Motive dann auch nicht, denn er wollte ja Hitler wegen seiner strategischen Fehler und der absehbaren Niederlage töten. Unsere Meinung nach wäre das Nazi-System in jedem Fall dem Untergang geweiht gewesen, da es in seiner autoritären und zur ständigen Expansion drängenden Logik unter jedem Führer auf eine Niederlage zusteuern musste. 

 

Aber selbst wenn man diese Argumentationskette, die ja im Film dann später vollkommen belanglos wird, mal beiseiteschiebt, so ergibt sich doch die Frage, warum unsere Helden- und Schurken-Truppe genau an Ort und Zeit kommt, wo die Römer die Griechen in Syrakus angreifen. Hat Archimedes das gezielt so gesteuert, in dem er das Rad des Schicksals genau dafür angelegt hat, um damit Hilfe zu holen oder liegt es vielleicht daran, dass der Mäusekonzern unbedingt seinen Helden Indiana Jones in die Vergangenheit schicken wollte, damit dieser in Altersmilde sagen kann, ich bleibe dann mal hier, hier ist es so schön? Um dann mit einem Faustschlag seiner potentiellen Nachfolgerin aus diesem feuchten Traum eines alternden Archäologie-Professors und Abenteuers geweckt zu werden? Bei allem Nostalgiegefühl und vielen auch schönen Momenten im mutmaßlich letzten „Indy“-Film mit Harrison Ford. Das war etwas zu viel. 

 

Das Problem mit CGI

 

Wenn schon Zeitreise, dann richtig – also auch mit dem Hauptdarsteller höchstselbst. Harrison Ford begegnet uns im ersten Viertel des Films in seinen besten Jahren, später im deutlich vorgerückten Alter. CGI sei Dank sind derartige Retuschen mittlerweile vielleicht nicht gang und gäbe, aber doch deutlich handelsüblicher geworden. Was allerdings niemandem aufgefallen zu sein scheint – oder es wurde gekonnt wegignoriert, oder war vielleicht sogar gewollt, weil man davon ausgeht, dass Harrison Ford in nahezu jedem Zustand zeitübergreifend großartig ist – ist die Tatsache, dass der Nazi-verdreschende Indy-Jungspund am Anfang des Films im Original wie in der deutschen Fassung mit seinen, nunja, übel abgenutzten Seniorenstimmbändern dahertönt, denen man ihre achtzig plus x Lebensjahre unmittelbar anhört. Das fällt nicht auf, das wird schon nicht so schlimm sein, das geht vorüber? Doch, tut es. Stellen wir uns vor, dass Peter Jason Quill, der Protagonist der „Guardians of the Galaxy“-Reihe, von Marcel Reich-Ranicky, der Gott der Literaturkritiker habe ihn selig, eingesprochen worden wäre. Ihr ahnt vermutlich schon, dass sich die eine oder andere Auswirkung auf Immersion und Atmosphäre ergibt, Harrison Ford-Qualitäten hin oder her. Nun handelt es sich hier um ein Dilemma, denn eine neue Stimme wäre natürlich nicht weniger ablenkend. Ein Ruf, bei der KI-Verjüngung auch die Stimmen mit einzubeziehen (technisch weniger ein Problem, siehe die Vertonung von Darth Vader in „Obi-Wan Kenobi“)? Nein, eher danach, dass Walt Disney Pictures und Lucasfilm nochmal überdenken sollten, wie weit sie dieses Zeitreise-Thema wirklich drehen wollen. 

 

Ein sozialkritisches Schlagzeugsolo später

Alles in allem ist der Film aber schon sehenswert. Nostalgie-Momente und ein paar klassische Indy-Moves sind auch bei einem 80-Jährigen Harrison Ford noch schön anzusehen. Auch ein paar alte Bekannte kommen wieder, wenn auch nur als klassische kurze Cameos. Und die Story, nunja. Wenn man ehrlich ist, war das bei den drei klassischen Filmen der Trilogie auch nicht das Entscheidende. Die Coolness, der Style, das Ambiente und auch der Humor sind charakteristisch bei Indiana Jones. Und diese Ansätze gibt es auch im „Rad des Schicksals“. Bei allen Bedenken empfehlen wir doch, ins Kino zu gehen. So viele wirklich ganz klassische Kinofilme gibt es ja auch nicht mehr. 

 

Im Vergleich zu den anderen Franchises von Ford ist der vierte Teil der Indy-Saga so in der Mitte einzuordnen. In „Star Wars“ haben sie es geschafft, Han Solo gleich im ersten Teil der Sequels durch seinen eigenen Sohn umbringen zu lassen. Wenngleich die kaputte Beziehung zu ebenjenem Keylo Ren und der daraus folgenden Trennung von Hans großer Liebe Leia gewisse Parallelen auch zu Indys Privatleben im „Rad des Schicksals“ aufzeigt. In Episode 8 hat Disney dann auch noch Luke Skywalker „getötet“, um dann in Episode 9 auch Leia sterben zu lassen, deren Darstellerin Carrie Fisher aber tatsächlich kurz vor dem Film im realen Leben gestorben ist. Dennoch ist festzuhalten, Disney hat in drei unsäglichen Sequel-Filmen alle Helden unserer „Star Wars“-Jugend nacheinander „abgemurkst“. Muss man auch erstmal hinkriegen. Wie man eine klassische Raumschiff-Crew mit Stil und der Nostalgie der Fans angemessen verabschiedet, hat übrigens kürzlich „Star Trek“ mit der letzten Staffel der ansonsten eher schwachen Serie „Picard“ gezeigt.  

 

Das dritte Ford´sche Franchise „Blade Runner“ war da durchaus erfolgreicher und hat mit „Bladerunner 2049“, einem Ryan Gosling als Nachfolger-Hauptdarsteller und Ford als Decker mit ordentlich Screentime auch noch die entsprechende Würdigung gegeben. Geht doch! Ob Ihr „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ auch als würdigen Abschied empfinden könnt, müsst Ihr am Ende selbst entscheiden. Uns hat es trotz aller Abstriche doch irgendwie gefallen. Das kann aber auch nur am kindlichen Nerd-Ich liegen😉.


"Indiana" Spiller, Michael "Shorty" F. und "Sallah" Ben-Rhouma


PS:

Wie immer empfehlen wir die Pitch Meetings zum Film

Und die Kollegen von Nerd und Kultur sind dabei noch viel kritischer als wir.

Wenn aber selbst der echte Arthouse-Sender arte (steht ja schon im Titel;) den ersten Teil von Indy feiert, dann kann das Franchise so nerdig nicht sein!

Post-Credit-Scene für echte Film-Nerds: