Was hat „Das Leben des Brian“ je für uns getan?
Eine nicht-blasphemische Annäherung an eine Neben-Story der Ostergeschichte
„I don't want to start any blasphemous rumors, but I think that God's got a sick sense of humor.
And when I die I expect to find him laughing.“ (Depeche Mode)
Bestimmte Filme sind am Karfreitag verboten, da sie den Charakter dieses „stillen Feiertages“ widersprechen. Also verboten sind sie nicht wirklich, man darf sie nur nicht öffentlich zeigen. Ob man darüber schreiben darf, weiß ich leider nicht. Das wird sich noch zeigen. Ich habe in eine katholische Familie reingeheiratet und bin mir jeglicher Risiken der folgenden Zeilen bewusst. Aber im Gegensatz zu meiner ursprünglichen Idee, zum ersten Oster-Fest mit dieser Seite das wöchentliche Posting von Ben-Rhouma am Karfreitag ganz klassisch an die Katholische Kirche zu richten, folgt jetzt „nur“ ein Text über eine Nebengeschichte der ursprünglichen Kreuzigungs-Wiederaufstehungs-UndSoWeiter-Laier.
Der Spiegel und auch andere Medien bringen ja die Kirche schon oft genug auf die Titelzeile. So viel Aufmerksamkeit hat sie dann vielleicht doch nicht verdient und wir wollen ja auch nicht blasphemisch werden. Trotzdem bitte ich im Vorhinein auch um Vergebung und hoffe wieder mal, nicht ins Fegefeuer zu geraten. Auf irgendeinem Vatikanischen Konzil (das sind so Treffen, wo darüber diskutiert wird, wie es mit dem Laden weitergeht) wurde dieses abgeschafft, glaube ich. Also sonst glaube ich in der Regel nicht viel, aber das gibt mir etwas Hoffnung. Bitte auch nicht steinigen! Aber dazu später mehr.
Wir reden über den Film „Das Leben des Brian“ aus dem Jahr 1979. Ein Meisterwerk der britischen Komikertruppe Monthy Python, mit dem sie – nachdem sie bereits mit dem „Flying Circus“ und den „Rittern der Kokosnuss“ Erfolg hatten – endgültig Weltruhm erlangten. Oder eben auch strikte Verachtung. Verachtung deshalb, da ihnen vorgeworfen wurde, dass der Film blasphemisch sei und sowohl mit dem Judentum und der christlichen Gemeinschaft hart ins Gericht gegangen wird. Aber ist das so?
Es folgt hier keine ausführliche Filmbeschreibung. Die meisten von euch dürften den Film kennen und wer nicht, es gibt ihn gerade bei Netflix im englischen Original mit Untertiteln (auch heut verfügbar!) und die zentralen Szenen sind alle bei Youtube verfügbar.
Zu Beginn wird dabei ganz deutlich, dass es sich eben nicht um die Geschichte von Jesus handelt, die hier verballhont wird. Die drei Waisen aus dem Morgenland hatten dem falschen Kind ihre Geschenke überreicht, merken das aber und bringen dann dem richtigen Messias Myrrhe, Minze und Weihrauch (oder war es noch was anders?). Auch die Bergpredigt kommt vor. Brian nimmt sogar an ihr teil und Jesus hält dort seine bekannte Rede vor seinen Rübennasen (Anhängern). Blasphemisch ist das meiner Meinung nicht nach wirklich, sehr wohl aber kritisch gegenüber den Institutionen der Religionen und auch irgendwie wieder ein klassischer Tilll-Eulenspiegel-Move der Pythons, da sie der Gesellschaft unmittelbar ihre dunkelsten Seiten vorhalten. Von der Freude an der Steinigung und somit der öffentlichen Demütigung von Abtrünnigen über die unbedingte Sehnsucht nach einem Erlöser bis hin zur politischen Zerstrittenheit der vermeintlich linken bzw, progressiven Kräfte (Volksfront von Judäa vs. Judäische Volksfront). Aber grundsätzlich gilt: Wenn sich eine Religionsgemeinschaft eine Geschichte so zurechtbiegen darf, dass sie für sie passig ist, warum soll das eine britische Komikertruppe nicht tun dürfen?
Anders verhält es sich tatsächlich aus meiner Perspektive schon mit drei anderen Stoßrichtungen des Anarcho-Humors, der – und da muss man nicht „woke“ sein – heute nicht mehr funktioniert und eigentlich damals schon schwierig war. Spätestens seit dem Silly Walk der Pythons war klar, dass die Gruppe Respekt vor niemanden hatte. Das ist bei Institutionen wie Regierungen auch vollkommen berechtigt. Nicht so berechtigt ist es, geschmacklos Witze über Minderheiten oder Andersartige zu machen. So bleibt einem bei der Szene im Amphitheater im Hals stecken, wenn Stan auf einmal zu Loretta werden will und sich dafür einer schamlosen Diskussion stellen muss. Leider ist das auch über Jahre später auch in der Realität immer noch so und ich bin nicht so sicher, ob das alles durch künstlerische Freiheit gedeckt ist. Schlimm ist auch die Szene, in der Brians Mutter (gespielt von einem Mann) Brian gesteht, dass sein Vater ein Römer sei. Auf die Frage „Ob sie vergewaltigt wurde?“ sagt die Mutter „Zu Beginn schon...“ Es muss nicht weiter ausgeführt werden, dass das gar nicht geht. Heute nicht und damals auch schon nicht. Gleiches gilt – aber nicht in dem Ausmaß – für die Witze über den Sprachfehler von Pontius Pilatus, die als Running Gag in mehreren Szenen vorkommen. Wobei ich hier gestehen muss, dass auch ich das immer noch lustig finde. Als in meiner Zeit in Saarbrücken eine Kollegin dem DHL-Boten sagte, er solle die Pakete auf den Poden stellen, ein anderer Kollege dann aus seinem Büro kam und dann noch mal sagte, er solle sie auf den Poden stellen, lagen wir alle lachend auf selbigem.
Aber bei aller aufgezeigten Kritik ist die Frage ja dann berechtigt: „Was hat das Leben des Brian eigentlich je für uns getan?“
Die ultimative Top 5 zu „Das Leben des Brian“
Die Gags:
Hier ist alles dabei, vom absoluten Slapstick-Humor zu tiefsinnigen historisch-politischen Anspielungen bis hin zum Latein-Unterricht-Gag. Absolute Highlights sind natürlich die Steinigungs-Szene, die Vorbereitung auf die Entführung von Pilatus Frau samt der Frage „Was haben die Römer eigentlich je für uns getan?“ und die Kreuzigungsszene („Jeder nur ein Kreuz!“). Wenn man den Film noch einmal sieht, fallen einem immer wieder neue Sachen auf. Auch durch eigene Erfahrungen und Bildung versteht man immer mehr von dem teils wirklich subtilen Humor. Hier ist für alle Altersklassen was dabei. Absolut zitierfähig!
Setting und Drehgeschichte:
Der Film kam nur dadurch zustande, dass Beatle George Harrison eigens eine FilmFirma gründete, um für die befreundetet Pythons „Das Leben des Brian“ zu drehen. Die ursprünglich dafür vorgesehene Produktionsfirma hatte kurz vorher abgesagt. Gedreht wurde unter anderem in Tunesien, wo noch viele der Kulissen stehen. Auch Teile von Star Wars sowie vom ersten Teil der Indiana Jones-Trilogie (Frevler und Ketzer behaupten, es gäbe einen vierten) wurden hier gedreht. Neben meinem nächsten Familienbesuch in meinem Vaterland steht in jedem Fall mal beizeiten eine Filmset-Tour an.
Verbote und Kritik:
Wie schon erwähnt erzürnten die Veröffentlichung des Films die Gemüter der Interessenvertreter verschiedener Religionsgemeinschaften. So durfte der Film zu Beginn auch in einzelnen Teilen der Welt nicht veröffentlich werden. Die Pythons entschieden sich, die Premiere in den USA laufen zu lassen, da sie anscheinend in Großbritannien großen Widerstand fürchteten. Trotz des bekannten britischen schwarzen Humors war „Das Leben des Brian“ wohl noch einmal eine andere Nummer. In Deutschland darf der Film wie schon beschrieben am Karfreitag nicht gezeigt werden und befindet sich hiermit in guter Gesellschaft mit „Heidi in den Bergen“ und dem ersten „Ghostbusters“-Film. Ich empfehle, heute den aktuellen „Ghostbusters“-Film im Streaming zu schauen. Der steht nicht auf der schwarzen Liste und wir haben schon einmal was darüber geschrieben.
Die Musik:
…But Alive, die Band, die dieser Seite mit einem Song den Namen gab, hat in zahlreichen Songs Einspieler aus „Das Leben des Brian“. Auf den ersten beiden Alben „Für uns nicht“ und „Nicht zynisch werden“ zieht sich das wie ein roter Faden durch. Es gibt sicher noch zahlreiche Bands, die sich an diesem unfassbaren Zitat-Schatz bedient haben. Zwei Songs aus dem Film selbst sind noch zu nennen, von denen einer auch sehr erfolgreich war. Der erste ist der Eingangssong, der „Brian Song“, ein Klassiker in James Bond-Manier und der zweite ist natürlich „Always look on the bright side of life“. Es gibt eine Vinyl-Ausgabe des Soundtracks und es gibt auch einen Sampler mit dem Titel „Monty Pythons sings“. Muss man nicht alles haben, aber man kann bei eingängigen Musikstreaming-Diensten mal reinhören. Insbesondere die englischen eingespielten Ton-Sequenzen der Filme sind mal was Neues, wenn man sie nur auf Deutsch bisher kannte. Big Nose und Biggus Dickus sind schon auch schöne englische Wortwitze der Pythons im Original.
Die aktuelle Relevanz:
Neben der Tatsache des wirklich lachhaften Tanzverbots am Karfreitag und des Verbots der öffentlichen Aufführungen dieses Films, die ebenso lächerlich ist, steht natürlich die organisierte Religionsgemeinschaft im Mittelpunkt der Satire. Das ist immer noch richtig und aktuell wie eh und je. Es gibt bspw. eine enge Verbindung der Orthodoxen Kirche Russlands zu Putin und die Rolle des Vatikan in diesem Krieg ist auch nicht so richtig durchschaubar. Neben der generellen Kritik an den eigenen Skandalen kommt das jetzt noch „on the top“. Was aber auch festzuhalten ist, ist die Tatsache, dass, wenn man einen derartigen Film über den Islam machen würde, wäre die Kritik und auch leider die Bedrohungslage noch einmal eine ganz andere. Das ist schon mal ein klarer Vorteil in der westlich-christlich geprägten Welt. Menschen, die Ähnliches mit Mohamed versucht haben, haben teilweise ihr Leben verloren. Bei einer Neu-Etablierung eines Gottesstaates wie ein Afghanistan ist Kritik und Satire aber mehr als angebracht!
Und ein sozialkritisches Schlagzeugsolo später…
Ich halte das Fazit heute kurz. „Das Leben des Brian“ ist einfach großartig. Ob am Karfreitag oder an anderen Tagen. Obwohl ich ihn schon unendlich viele Male gesehen habe, lache ich immer noch fast durch. Teilweise an anderen Stellen, aber alles was in dieser Art danach kam, reicht an diesen Klassiker einfach nicht ran. Wie ich schon oben schrieb, habe ich in eine katholische Familie reingeheiratet. Hier wurden sogar Eier ausgeblasen! Deswegen denkt an mich, wenn Ihr diese Zeilen lest. Und wenn Ihr ein paar Tage nichts von mir hört, bin ich nicht gekreuzigt wurden. Zu Ostern kommt das neue Lego Star Wars-Videospiel und das muss ich erstmal durcharbeiten😊. Vielleicht schreibe ich auch dazu was.
Schöne Feiertage!
Bloß nicht blasphemisch werden!