Die neue Star War-Serie „The Acolyte“ – Ich habe da ein ganz mieses Gefühl!
Eigentlich pausiert diese Seite auf unbestimmte Zeit. Aber! Es gibt, eine neue Star Wars-Serie und wie Ihr vielleicht mitbekommen habt, mag ich dieses Franchise. Bzw. ist es seit Disneys imperialer Machtübernahme ambivalent geworden: Auf der Habenseite haben wir mit „Rogue One“ und „Andor“ zwei der besten miteinander direkt verknüpften Erzählungen seit der klassischen Trilogie bekommen, die in Storytelling, Charakterentwicklung und Spannung überragen. Dazu noch einen neuen Erzählstrang mit „The Mandalorian“, der – zumindest mit den ersten beiden Staffeln – wieder richtig neue Lust auf Star Wars-Content gemacht hat (zur dritten Mando-Staffel und vor allem zu "Andor" hier der Link zum Review).
Auf der anderen Seite haben wir mit „The Book of Boba Fett“ und „Kenobi“ erlebt, wie einstige Heldenfiguren in Belanglosigkeit versinken, oder – und dabei weitaus schlimmer – in den Episoden 7 bis 9 ins Lächerliche gezogen werden. „Ahsoka“ hängt irgendwie dazwischen und hat zu Beginn viel Hoffnung gemacht (siehe dazu unsere Kritik unten auf diesen Text folgend), die aber letzten Endes wieder enttäuscht wurde. Und dann wurde mit der neuen Serie „The Acolyte“ etwas komplett Neues angekündigt. Wir würden eine ganz neue Seite der Jedi sehen und auch endlich mal so richtig schön in die Dunkle Seite der Sith eintauchen. Wirklich?
Showrunner Lesyle Headland war vor der Ausstrahlung der Serie nicht müde geworden, die Einzigartigkeit und Herrlichkeit des Erschaffenen zu preisen und verteidigte nach fast jeder Episode das neue Heiligtum gegen ein kritisches Review-Bombing, das seit „The Last Jedi“ und „The Rise of Skywalker“ in der Form nicht mehr zu vernehmen war. Eine wahre Erschütterung der Macht im kritischen Star Wars-Fan-Kosmos. Yoda und der alte Ben Kenobi würden dabei sogar nur als Machtgeister keinen Bock mehr auf den ganzen Kram haben, endgültig ihre Roben ablegen und ihren Heiligenschein wieder an was auch immer (gibt es eigentlich einen Gott bei Star Wars?) abgeben, möchte man meinen. Was ist aber dran an der Kritik und – das vielleicht vorweg – um was geht es überhaupt für die nicht so intensiv beschulten Jedi-Padawane unter Euch?
Die Story und die „Triggerpunkte“ – Wenn etwas wirklich „woke“ sein will!
Wir beginnen – wie bei „Episode 1“, aber 100 Jahre früher – mit dem Besuch von Jedi auf einem Schiff der Handelsföderation. Das lässt vorweg nicht Gutes erahnen. Es kommt zwar kein Jar Jar Binks um die Ecke, aber sehr wohl treffen die Jedi hier auf einen machtsensitiven Menschen. Osha, die als Mechanikerin heimlich an Bord arbeitet, ist Jedi-Meister Sol lange bekannt und wir erfahren im Verlauf der Serie über acht Folgen mithilfe von einigen Flashbacks (Eine Szenerie sehen wir dabei insgesamt drei Mal!!!), woher die beiden sich kennen. Osha war Sols Schülerin und er hat sie von ihrer ursprünglichen Familie, irgendwelchen Hexen, die zwar nicht die „Nachtschwestern“ aus „Ahsoka“ sind, aber so ähnlich, weggeholt. Diese Aktion steht im Mittelpunkt der gesamten Handlung der Serie und alles dreht sich darum, was damals auf „Brendok“ genau passiert ist. Sol war mit drei weiteren Jedi vor 16 Jahren auf diesem Planeten und der Spannungsbogen wird immer wieder mit der Frage belastet, was die da eigentlich jetzt wirklich gemacht haben.
Parallel dazu sehen wir eine „andere“ Osha, die eben jene Jedi nach und nach abmeucheln will. Da sich das relativ schnell aufklärt und somit nicht wirklich ein Spoiler ist, sei gleich gesagt, dass Osha eine Zwillingsschwester hat: Mae. Diese ist der dunklen Seite zugeneigt, da sie eine ganz andere Sichtweise auf die damalige Rettungsaktion der Jedi hat als ihre Schwester Osha. Mae selbst wiederum steht in Verbindung mit einem bösartigen Masken-tragenden Schergen mit rotem Lichtschwert. Nun gut, diese Storyline ist seit jeher bekannt im Star Wars -Universum. Was führte nun aber zu diesen heftigen Reaktionen der Fan-Gemeinde?
Vielleicht hilft ein Vergleich: In einer beachtlichen Studie haben Soziologen um Steffen Mau von der HU Berlin herauskristallisiert, dass unsere Gesellschaft gar nicht so polarisiert ist, wie man vermeintlich denkt. Aber es gibt bestimmte „Triggerpunkte“, die gedrückt werden und dann geht es ab! Das „Gendern“ ist so ein Beispiel. „Gendern“ führt bei einem bestimmten Teil der deutschen Gesellschaft zu sofortiger Abwehrhaltung und – befeuert durch daran interessierte Treiber – zu Hass auf das links-liberale „Establishment“ und die sie unterstützenden Medien. Obwohl „Gendern“ meiner Meinung richtig ist und es natürlich Zeit ist, alle Geschlechter und alle sexuellen Orientierungen gleichberechtigt zu behandeln, führt die ständige Fokussierung von bestimmten Teilen der gesellschaftlichen Linken dazu, dass sich ein anderer Teil hiervon genervt und gegängelt fühlt. Das muss man nicht gut finden, aber zumindest sollte man diese Muster im Handeln mit beachten. Zumindest sollte dabei beachtet werden, dass beim Vorantreiben von „Gendern“ generell weiter vernünftige Politik für alle gemacht wird. Übertragen auf Star Wars heißt das: Natürlich kann ich wunderbar alle Geschlechter, alle sexuellen Orientierungen und alles Weitere in einem Kosmos wie Star Wars zelebrieren, wenn, ja wenn es mit dabei gelingt, eine gute Story zu erzählen. Und das Letztere fehlt bei „The Acolyte“. Leider!
Sehr viel Schatten
Womit wir schon beim größten Problem der Serie sind: Lesyle Headland hat wirklich alles aufgefahren, was die sog. „Woke Bubble“ diskutiert! Es gibt einen asiatischen Helden, es gibt ein schwarzes Power-Frauen-Couple, es gibt einen androgynen Jedi-Padawan, der – und das stimmt leider wirklich – echte Anleihen bei David Bowie aufzeigt, es gibt einen klar homosexuell gelesenen Jedi names Yord, der – natürlich seine Robe selbst bügelt und auch gleich mit freiem Oberkörper zu sehen ist – und es gibt einen ersten Star Wars-Bösewicht, der eindeutig Wurzeln einer Minderheit in den westlichen Gesellschaften hat. Auf Letzteres soll nicht näher eingegangen werden, da hier sonst vielleicht eine der kleinen Überraschungen der Serie gespoilert wird, aber eine so große ist es dann am Ende auch wieder nicht. Das alles kann und muss man heute sogar machen, vielleicht nicht in der geballten Ansammlung, aber das obliegt den MacherInnen der Serie. Was aber nicht passieren darf, ist die Tatsache, dass eben genau das alles im Mittelpunkt steht und eben keine gute Story drum herum gebaut wird. Ganz schlimm wird es noch, wenn man vermeintliche Fanlieblinge identifiziert, die niemals als solche gehandelt wurden, wie beim David-Bowie-Jedi Jecki und Yord (Achtung der Link hier enthält Spoiler!).
Natürlich geht es auch bei "The Acolyte" am Ende wie immer bei Star Wars um den ewigen Kampf von Gut und Böse. Nur dass die Motivation der HeldInnen und der SchurkInnen nie so richtig klar wird, die Entscheidungen der handelnden Personen teilweise vollkommen absurd erscheinen und keine der Charakterentwicklungen sauber erklärt bzw. nachvollziehbar dargestellt werden. Man kann es kurz fassen: „The Acolyte“ hat einen aktivistischen, woken „Gender“-Plot, aber eben keinen Plot!
Wenig Licht
Ganz in den Abfluss spülen muss man die Serie deswegen nicht. Die Kritik ist schon arg übertrieben und natürlich politisch motiviert. Auf der Haben-Seite: Jedi-Meister Sol ist ein interessanter Charakter, wir sehen einen Lichtschwert-schwingenden Wokee und generell spannende Kämpfe, ein paar neue witzige Geschöpfe und auch der Bösewicht ist ganz überzeugend, wenngleich seine Motivation in der ersten Staffel (ob es eine zweite gibt, ist noch nicht klar) noch nicht ganz deutlich wird. Auch der Versuch, eine Verbindung der Themen zu den auf die Storyline folgenden Filmen „Episoden 1-3“ zu schaffen, ist ehrenwert, glückt aber nicht an jeder Stelle. Diese positiven Aspekte werden aber absolut überstrahlt, von einer Arroganz der MacherInnen der Serie und selbst von den Schaupielenden. So hat Osha/Mae-Darstellerin Amandla Stenberg in einem wirklich bizarr anmutenden Video auf die Kritik an ihrer Darstellung reagiert, das überhaupt nicht das schlechte Storywriting aufnimmt, sondern ausschließlich rassistische Angriffe auf sie thematisiert. Letzteres ist wirklich das Letzte, aber es gibt auch Fans, die die Serie nicht rassistisch und sexistisch kritisieren, sondern weil sie schlicht und einfach schlecht geschrieben ist. Gut, dafür kann die Schauspielerin dann wirklich auch wieder nichts.
…und ein sozialkritisches Schlagzeugsolo später
In Hannover gibt (oder gab) es eine Disko. Offiziell ist es das „Osho“, inoffiziell ist es die „Baggi“. Erschaffen und betrieben von Anhängern eines pseudo-religiösen Obergurus hat der Laden einen gewissen Kultstatus, aber das Niveau dort ist sehr niedrig. Wenn Ihr das Osho kennt und bewusst hingeht, wisst Ihr, auf was Ihr Euch einlasst. Ihr seid also hiermit gewarnt, wenn Ihr das gelesen habt und trotzdem die Geschichte von Osha und Mae gucken wollt. Kann man machen, aber dabei müssen die Erwartungen wirklich runtergeschraubt werden!
Sith-Meister (oder Schüler, das entwickelt sich noch) Michael F. und ich haben uns während der Serie intensiv über geheime Diplomatenkanäle hierzu immer wieder ausgetauscht. Die Serie hieß für uns nur „C.S.I. Coruscant“, da die Jedi-Meister immer wieder als Ermittler tätig gewesen sind und wir haben uns über die Storyline wirklich amüsiert. Viel Fremdscham war aber dabei! Showrunner Headland hat es folgendermaßen bezeichnet: „Frozen meets Kill Bill“. Da ist etwas dran. Und wenn Ihr jetzt die Lieder der Eiskönigin im Kopf habt, habt Ihr Kinder und Euch das selbst ausgesucht😊. Ob man seine wenige Zeit dann aber für „The Acolyte“ investieren will, das muss jeder Jedi-Padawan oder jede Sith-Schülerin für sich selbst entscheiden (dass der Jedi-Padawan hier männlich und die Sith-Schülerin weiblich ist, ist eine willkürliche Entscheidung und hat keine politische Agenda!).
Im Übrigen sagt die Übersetzung von Oshi-Mai aus dem Japanischen Folgendes: The End; Closing; Being done for; That´s it; That´s enough; That´s all! Ich würde nicht so weit gehen, das insgesamt auf Star Wars bei Disney zu übertragen, aber ich habe da ein ganz mieses Gefühl.
Ahsoka – Ein unvollendetes Ende
Vorgestellter Epilog
Ein vorgestellter Epilog ist ein klassisches Oxymoron: Eine rhetorische Figur, die einen inneren Widerspruch beschreibt. Genau wie auch der obere Titel dieses Textes lautet. Die neue Star Wars-Serie hat ein unvollendetes Ende! So viel sei vorweggesagt. Viele sehen ein Oxymoron auch bei Disney und Star Wars generell. Eine gängige Sichtweise ist, dass spätestens mit der Übernahme durch Disney das Franchise endgültig in die letzten Sphären der Galaxis verfrachtet wurde. Zum 100-jährigen Jubiläum des Mauskonzerns ein trauriges Fazit – insbesondere bei manchen Star Wars-Fans. Aber ganz so einfach ist es nicht.
Plotholes, Plotholes, Plotholes gab es schon immer bei Star Wars
Eine gängige Kritik ist die Ansammlung an Plotholes. Logiklöchern in der Handlung, von denen es bei Disney mehr gibt als General Grievous Jedi-Lichtschwerter gesammelt hat. Aber bei aller Nostalgie und dem Früher-war-alles-besser-Gedanken lohnt sich doch auch manchmal ein Blick in die Geschichte der weit, weit entfernten Galaxis. Nur zwei Beispiele aus den Dingen, die bei Star Wars schon vor Disney passierten, zeigen, dass früher auch nicht alles durchdachter und klarer war: Erstens sehen wir in Episode 4 gleich zu Beginn eine recht verstörende Verkettung von Zufällen, die, wenn man drüber nachdenkt, schon arg schlecht gescripted erscheinen. Disney hätte es hier sicher nicht besser machen können. Nachdem die Imperialen Prinzessin Leia gefangen genommen haben, sehen sie eine Raumkapsel aus der Tantive IV, Leias Schiff, wegfliegen. Kein Leben drin, kann also weiterfliegen. Und wird eben nicht von einem TIE Fighter schnell abgeschossen. Story Ende wäre das gewesen. Aber nein, die Droiden R2D2 und C3PO fliegen mit der Kapsel nach Tatooine und landen via Jawa-Sandcrawler ganz „zufällig“ bei der Familie eines gewissen Luke Skywalker, der dann auch „zufällig“ um den sich auch eher oberflächlich tarnenden „Alten Ben“ Kenobi weiß. Ihr seht, auch früher war nicht alles im Detail plausibel. Die Vor- und Fortführung der Geschichte verkomplizieren die Vorgaben dann natürlich noch – war Tatooine in „A New Hope“ eben einfach ein Hinterwäldlerplanet, wurde er später als Heimat von Anakin Skywalker/Darth Vader etabliert – für den dieser Ort dann in der oben beschriebenen Episode allerdings völlig unverdächtig zu sein scheint. Nun ja. Aber die Story muss weitergehen.
Ähnliches gilt im Übrigen auch – und vielleicht sogar etwas mehr – für die früher etwas belächelte, nach der Serie „The Clone Wars“ und vor allem nach den unsäglichen Sequels (Episoden 7-9) jetzt gehypte Prequel-Trilogie (Episoden 1 bis 3). Neben den unfassbar miesen Dialogen (insbesondere die Liebesschnulze zwischen Anakin und Padme) zeigen sich auch hier mehrere Plotholes. Nur zwei kleine Beispiele: Meister Windu (Sam Jackson himself) geht allein mit drei Neben-Jedi zum großen Sith Lord Imperator Shiev Palpatine, um ihn festzunehmen. Seine drei Begleiter werden sofort abgemurkst und Meister Windu wird natürlich auch besiegt, wobei ein gewisser Anakin Skywalker hieran auch nicht ganz unschuldig ist. Hätte man aber alles ahnen können, denn in Episode 1 braucht es allein zwei schon richtig mächtige Jedi mit Qui-Gon-Jin und Obi Wan Kenobi, um nur seinen Schüler Darth Maul besiegen. Und selbst das geht auch mit herben Verlusten einher.
Und dann zu Padme und ihrer Schwangerschaft: Bis zur Geburt ihrer Kinder, der Zwillinge Luke und Leia, weiß man nicht, dass es Zwillinge werden. Padme spricht immer nur von „ihrem Kind“. Also wir halten fest: In einer Welt, in der es Lichtschwerter, superheftige Raumschiffe sowie Kampf- wie auch Medizindroiden, aber vor allem auch die Macht gibt, gibt es keinen Ultraschall? Euer Ernst? Ja, es schmerzt etwas, aber das gehört eben auch dazu, wenn man die Meinung vertritt, Star Wars sei mit Disney erst richtig unlogisch geworden. Aber Disney hat dem Ganzen dann natürlich die Prinzessinnen-Krone aufgesetzt. Von den Sequels (Episoden 7-9) fangen wir nämlich besser gar nicht erst an. Von „Somehow Palpatine came back“ bis hin zu „Wo hat der alte Imperator eigentlich diese riesige Flotte her und wie hat er sie versteckt?“ bis hin zu – ja, es tut uns leid – „Das Cantobeit-Casino-Royal“. Alles Schlimm!
Wie Ihr aber in den unten stehenden Worten zu unseren Eindrücken der ersten vier Folgen von „Ahsoka“ lesen könnt, hatten wir tatsächlich wirklich „letzte Hoffnung“, dass Disney das Star Wars-Schiff jetzt in den richtigen Hafen steuert. Aber es ist leider dann doch so ein bisschen wie mit der Black Pearl aus „Fluch der Karibik“, einem weiteren Disney-Franchise, das sogar auf einer Vergnügungspark-Installation beruht. So richtig kommt das Ganze nicht an und man weiß auch nicht, wie es weitergehen soll.
Bleiben wir bei den Plotholes: Auch da gibt es in den Folgen 5-8 so einige und wir zählen nur zwei kleine Details auf. Die Mandalorianerin Sabine Wren wird zwischendurch von den post-imperialen Schergen gefangen genommen und lässt – man weiß nicht, ob durch Zwang, Vergesslichkeit oder was auch immer – ihren Helm am Entführungsort zurück. Auf der einen Seite gut, so kann ihn Ahsoka finden, auf der anderen Seite haben wir ja in drei Staffeln „Mandalorian“ und in „The Book of Boba Fett“ gelernt, wie wichtig den Mandalorianern der Helm ist. Und selbst wenn sie den etwas freigeistigeren Volksmitgliedern angehört, die ihren Helm abnehmen dürfen, so ist das Einfachmal-Liegenlassen dann doch etwas dünn. So nen Mandalorianer-Helm kann man ja immer mal gebrauchen, aber die Story braucht ihn anscheinend auch, damit ihn Ahsoka mit schwermütigen Blick in die Kamera halten kann. Andererseits verliert Sabine den Helm bereits vorher verdächtig oft (ist Din Djarin irgendwie nie passiert) – wohl am ehesten ein pragmatisches Zugeständnis, damit Schauspielerin Natasha Liu Bordizzo auch zu sehen ist.
Die Feinde in „Ahsoka“ gehen sich 10 Jahre aus dem Weg
Und natürlich – so viel sei gesagt – kommt es dann auch zum Wiedersehen mit dem Helden Ezra Bridger und dem Oberschurken Großadmiral Thrawn! Sie sind in einer anderen Galaxis, auf einem anderen Planeten, der aber auch irgendwie aussieht wie alles andere in Star Wars – diesmal aber wohltuend ohne Sand (Anakin Skywalker würde sich freuen). So etwa zehn Jahre leben die beiden Feinde dort. Ezra hat sich mit Turtles-ähnlichen Ewok-Ersatzfreunden zusammengetan und Thrawn mit bösen Hexen, recycelten Sturmtrupplern (Stichwort Kreislaufwirtschaft!) und dem festen Willen, das Imperium zu alter Stärke zu bringen. Aber beide finden sich nicht bzw. gehen sich aus dem Weg. 10 Jahre lang! Bis zu dem Tag, wo Sabine Wren Ezra dann auch „ganz zufällig“ und schnell findet und Thrawn dann auch wieder Interesse an ihm hat. Nunja.
Nun soll diese Aufzählung gerade nicht in die verbreitete Nitpicking-Meckerei einstimmen, sondern zeigen, dass Kompromisse in Glaubwürdigkeit und Logik zugunsten des Ablaufens der Handlung und der emotionalen Momente schon immer zu „Star Wars“ gehört haben und weiterhin gehören – was ok ist, wenn letztere dann halt auch gegeben sind (bei den Sequels gelten diese mindernden Umstände eben leider kaum). In dieser Hinsicht sind die „Ahsoka“Folgen 4 bis 8 eben dennoch sehenswert, auch wenn sie im Vergleich zu den vorherigen Folgen schon etwas abfallen, was sich insbesondere im „großen“ Finale zeigt. Das bleibt kurz, ein wenig antiklimaktisch (auch als Zombies bleiben Sturmtruppler Sturmtruppler – harmloses Kanonenfutter) und unvollendet und soll uns wohl Hunger darauf machen, was noch kommt. Wobei das noch gar nicht so klar ist: Eine zweite Staffel „Ahsoka“ ist bisher nicht angekündigt, scheint aber wahrscheinlich. Denn es wird sehr schwer, die in den verschiedenen Serien („Ahsoka“, „The Mandalorian“ „The Book of Boba Fett mit Vespa-Gang“) bisher aufgeworfenen Handlungsstränge in einem schon angekündigten Kinofilm zum „Mandoverse“ zusammenzuführen. Ein großes Problem bei „Ahsoka“ ist, (und das haben wir auch schon unten angedeutet, wird aber noch heftiger), dass zum Verständnis vieler Szenen ein grundlegendes Wissen über „The Clone Wars“ und „Rebels“ bestehen sollte. Zumindest von einigen Folgen und dann wird es schon schwer für Menschen, die einfach spontan ins Kino gehen wollen oder den Mäuse-Stream beim eigenen Bezahldienst abends anmachen und das alles dann nicht komplett einordnen können.
Dennoch, das Star-Wars-Herz leuchtete bei „Ahsoka“ mehrfach auf. Es gab wirklich überraschende Momente mit altbekannten und liebgewonnen Helden und Schurken, Raumschiffschlachten, Lichtschwertkämpfen und neuen Besonderheiten der „Macht“ und der Frage, wer sie nutzen kann. Es ist nicht alles verloren. Wir haben weiter Hoffnung!
…und ein sozialkritisches Schlagzeugsolo später
Star Wars bei Disney ist ein wirkliches Hit-and-Miss geworden. So sicher durch Jedi abgewehrte Blasterschüsse die treffen, die geschossen haben, so sicher ist es auch, dass manche Projekte so gut treffen wie eben jene Sturmtruppler – nämlich gar nicht. Da können noch so viele Sturmtruppler schießen! Das Problem ist aber, man weiß natürlich vorher nicht, was Hit und was Miss ist. So wird das Ganze ein großes Überraschungspaket. Aber keine Sorge: Wir geben Euch weiter Orientierung und schauen alles für Euch durch😊.
Wie Star Wars auch bei Disney gut funktionieren kann, sieht man in der folgenden Verbindung: Wenn man „Andor“ gesehen hat (Falls nicht, lasst uns den wichtigen Imperator-Imperativ wiederholen: Tut es! Oder lest zumindest unsere Kritik) und dann auch nur die erste halbe Stunde vom Film „Rogue One“ gesehen hat, sieht man, wie wunderbar abgestimmt die Dinge sein können. Die Entwicklung, die Cassian Andor in seiner Serie durchgeht, schließt sich in einer der ersten Szenen in „Rogue One“ nahtlos an, indem er eiskalt einen Informanten erschießt. Wer die Schrecken des Imperiums kennt und den Gefangenplaneten Narkina V überlebt hat, hat eben keine Hemmungen mehr. Fantastisches Storywriting sagen wir und wollen mehr! Die zweite Staffel von „Andor“ ist fest eingeplant. Und es gibt hier sogar eine direkte Verbindung von den Ereignissen in "Andor", die in "Rogue One" münden zu "Ahsoka" - auch wenn diese nur im "realen", echten Leben existiert. In "Rogue One" wird Gaylen Erso, der Erschaffer des Todessterns, der aber die bekannte "Schwachstelle" hier eingebaut hat, von Mads Mikkelsen gespielt. Bei "Ahsoka" wird Oberschurke Thrawn von seinem Bruder Lars Mikkelsen, der eben jenes Imperium zurückbringen möchte, das vorher nur durch Einsatz seines "Bruders" vernichtet werden konnte, gespielt. Auch bei den Schauspielern arbeitet man also in familiären Verbindungen, auch wenn das hier vielleicht eher zufällig ist.
Eine Tragödie im echten Leben wird auch die weiteren Arbeiten an "Ahsoka" und dem gesamten "Mandoverse" hart beeinflussen. Ray Stevenson, der den großartigen Bösewicht Baylon Skoll formidabel gespielt hat, ist nach den Dreharbeiten plötzlich und unerwartet verstorben. Es ist zum Mäusemelken bei Disney. Da entwickeln sie mal eine großartige und in allem überzeugende Figur mit charakterlicher Tiefe und der Schauspieler stirbt. Wirklich Bitter.
Möge die Macht mit ihm sein, wo er gerade ist!
Ani Ben-Kenobi und Micha-3PO
Helft uns, Ahsoka – Ihr seid unsere letzte Hoffnung!
Wir haben hier an verschiedener Stelle bereits festgestellt: Die einst gut geölte und unaufhaltsam erscheinende Disney-Maschine, bzw. deren Flaggschiff-Franchises von Marvel und Star Wars, holpert in letzter Zeit etwas. Die „Phase 4“ des MCU kann wohl mit Fug und Recht – mit einigen Ausnahmen (GotG3) – als insgesamt enttäuschend bezeichnet werden und auch die letzten Star Wars-Serien auf Disney+ rangierten im Wesentlichen zwischen „katastrophal“ (Boba Fett) und „ok“ (Obi-Wan), mit Ausnahme des großartigen, sich aber eher am Rande der bisherigen Star Wars-Tradition bewegenden „Andor“. Auf der neuen „Ahsoka“-Serie lasten da jetzt dementsprechend hohe Erwartungen – floppt diese auch, sieht die Zukunft von Star Wars auf dem kleinen Bildschirm möglicherweise ähnlich schlecht aus wie auf der großen Leinwand.
Nach den ersten vier Folgen kann man aus unserer Sicht zum Glück sagen: „Ahsoka“ bringt bisher in exzellenter Weise das alte Star Wars-Feeling zurück, es sieht also gut aus! Allerdings kommt man nicht umhin, hier einen gewissen Vorbehalt einzufügen, der nichts mit der Qualität der Serie, sondern dem vorausgesetzten Publikum zu tun hat. Denn zwar ist der gewählte Titel nicht falsch, treffender wäre aber eigentlich „Rebels“ Season 5, also eine Fortsetzung der zwischen 2014 und 2018 gelaufenen Animationsserie. Diese Referenz als obskur zu bezeichnen wäre zwar sicherlich zuviel des Schlechten, es sagt aber schon etwas aus, dass selbst unter uns Star Wars-Nerds einer dabei ist, der diese nicht vollständig gesehen hat.
„Rebels“ selbst war dabei schon die Nachfolgeserie der ebenfalls animierten Serie „The Clone Wars“ (2008-2014 und 2020 – es ist kompliziert…), die die Handlung zwischen „Angriff der Klonkrieger“ und „Die Rache der Sith“ erzählte. Beide sind, ebenso wie das an „The Clone Wars“ zeitlich direkt anknüpfende „The Bad Batch“, Ausgeburt der Fantasie Dave Filonis, der auch beim „Mandalorian“ teilweise seine Finger im Spiel hatte und der jetzt eben verantwortlich für „Ahsoka“ ist. Filoni lässt sich – um mal eine steile These rauszuhauen – als sowas wie der Carl Barks des Star Wars-Universums bezeichnen: So wie Barks in den 1950er Jahren praktisch die gesamte Entenhausen-Welt um Disneys Donald Duck erfand (Onkel Dagobert samt Geldspeicher, Daniel Düsentrieb, die Panzerknacker etc.), erweiterte Filoni in seinen Animationsserien Star Wars um einen gewaltigen Kosmos und erzählte darin ganz neue Geschichten. Nicht selten wird gesagt, dass „The Clone Wars“ um die Abenteuer von Obi-Wan und Anakin Skywalker – und eben die in dieser Serie als Padawan Anakins eingeführte Figur Ahsoka – die Prequels quasi im Nachhinein gerettet habe. Man könnte vom „Filoniverse“ sprechen.
Und warum ist das jetzt wichtig, fragt ihr euch vielleicht nach diesem Wortschwall? Weil „Ahsoka“ vollends Teil dieses Filoniverse ist. Mit anderen Worten: Wer zumindest „Rebels“, am besten aber auch „The Clone Wars“ nicht zumindest zum Teil gesehen hat, hat zwar eine toll aussehende und gespielte Serie vor sich, versteht aber von der Handlung eigentlich kaum ein Wort. In dieser geht es nämlich um die Suche nach „Rebels“-Held und Jedi Ezra Bridger, der sich am Ende der Serie "Rebels" zusammen mit dem Bösewicht Großadmiral Thrawn (den Filoni wiederum der Roman-Trilogie „Erben des Imperiums“ von Timothy Zahn entlehnt hat) auf Nimmerwiedersehen per Hyperraumsprung ins Unbekannte katapultierte. Seitdem sind sowohl Ashoka und die ehemaligen Mitglieder von Ezras Rebellenzelle auf der Suche nach ihm, als auch dunkle Mächte, die sich wiederum die Wiederkehr des Meisterstrategen Thrawn erhoffen, um das Imperium wieder zu errichten. Für den Erfolg der Serie wird letztlich entscheidend sein, ob das normale Publikum, das vielleicht die Filme gesehen hat und vor allem wegen des niedlichen „Baby-Yoda“ bei Disney+ eingestiegen ist, diese Flut an unbekannten Figuren und komplexen Hintergründen hinnimmt oder bereit ist, sich dort einzuarbeiten.
Zur Serie selbst: Wir bringen die alte Gang wieder zusammen!
Und so startet wir mit der ersten Episode erneut in die Abenteuer einer weit weit entfernten Galaxis. Und gleich zu Beginn dürfte den echten Fans das Herz aufgehen: Es gibt wieder einen klassischen Einführungstext, der uns den Rahmen der Handlung schildert, die wir gleich zu sehen bekommen. Und es gibt dankenswerterweise keine total obskure Beschreibung wie „Somehow Palpatine came back“, wie aus den unsäglichen Sequels. Danach treten sofort zwei Figuren auf den Plan, die in einem Setting, das ungemein an Episode 1 von den Prequels erinnert, eine ihnen nahestehende Person aus einem Raumschiff „befreien“. Es stellt sich heraus: Es sind alles Anhänger des eigentlich besiegten Imperiums, die jetzt alles dafür tun wollen, es wieder in alter Pracht erstrahlen zu lassen. Doch zu den Schurkinnen und Schurken später mehr.
Auch gleich in der ersten Folge lernen wir unsere Heldinnen kennen und die weibliche Form ist mehr als angebracht. Ahsoka Tano, die Titelheldin, kann ein Artefakt an sich bringen, das den Weg zum oben aufgeführten Ezra Bridger aufzeigen soll. Das Problem ist nur, dass das gleichzeitig auch der Weg zu Thrawn ist und daher wollen die „Bösen“ das Teil auch. Ein weiteres Problem ist, dass Ahsoka den Pathfinder nicht „lesen kann“ und so ist sie sich mit ihrer alten Rebellen-Freundin Hera Syndulla einig, dass nur die Mandalorianerin Sabine Wren, die ebenso wie Hera zur alten „Rebels“-Crew gehörte, die Karte entziffern kann. Ahsoka und Sabine Wren haben aber auch ihre „Geschichte“ miteinander, die in den ersten vier Folgen bereits in tollen Charakterzeichnungen ausgebreitet wird, ohne zu viel zu verraten.
Was wir jetzt haben, und das ist wirklich bemerkenswert im cineastischen Mainstream-Kosmos, sind drei coole, selbstbewusste und überzeugende Frauencharaktere, die mal sogar nicht nur Men´s Interests, also die tolle Geliebte oder die Rücken stärkende Ehefrau, sind. Auch wenn wir mit Leia und auch mit Rey aus den Sequels durchaus beachtenswerte Charaktere hatten. Für das, was die Disney-Verantwortlichen mit dem Charakter in Episode 9 gemacht hatten, kann ja Rey selbst ja dann auch nicht so viel. Die drei Frauen sind es jedenfalls, die sich auf die Suche nach Ezra Bridger machen und den Weg zu Thrawn für die Reste des Imperiums verhindern wollen. Beide Ziele zusammengenommen sind aber möglicherweise ein Widerspruch, der auch im weiteren Verlauf eine zentrale Rolle einnimmt. Denn die Bösen sind weiter als vielleicht angenommen.
Es leben die Erben des Imperiums!
Womit wir jetzt bei der Schurken-Sektion sind und da schnalzt man als Star Wars-Fan einfach nur mit der Zunge: Ob der wunderbar zwielichtige Baylon Skoll, die Sith-Schülerin Shin Hati und vor allem die teuflische Lady Morgan Elsbeth, die wir bereits aus „The Mandalorian“ Staffel 2 kennen (hier wurde sie gefangen genommen und so zeigt sich, dass das Filoniverse wirklich den Versuch unternimmt, die verschiedenen Serien jetzt zu verschmelzen) – allesamt wunderbar „evil“ und somit durchaus respektable Erben des Imperiums. Vergleiche mit dem grausamen Großmoff Tarkin und möglicherweise auch mit Darth Vader sind nicht übertrieben und möglicherweise kommt es ja sogar noch zu ganz konkreten Begegnungen in der Serie. Lord Vader ist hier natürlich schon lange tot, aber hey: It´s Magic! Und wir sind schließlich bei Disney…
Dabei ist der ganz große Schurke der Serie, Großadmiral Thrawn, nach vier Episoden, so viel sei gesagt, noch nicht einmal aufgetaucht. Wie Napoleon einst auf Elba weilt er im Exil und wartet sicher nur darauf, Krieg, Terror und sein unfassbares militärstrategisches Genie wieder in die Galaxis zu bringen. Apropos Galaxis: Thrawns und Ezra Bridgers Exil ist tatsächlich in einer anderen Galaxie und so verlassen wir in den nächsten 4 Episoden ganz sicher das erste Mal unsere allseits bekannte weit weit entfernte Galaxis und betreten eine weitere. Und daher ist die Anspielung im Titel dieser Besprechung auf die ersten Worte von einer gewissen Leia an einen Luke genannten jungen Mann in einem Hologramm, das durch einen kleinen Roboter präsentiert wird, möglicherweise tatsächlich nicht zu hoch gegriffen.
…und ein sozialkritisches Schlagzeugsolo später (Zwischenfazit)
Wie Ihr aber bisher vielleicht erkennt, sind wir das erste Mal seit langem von einer echten Star Wars-Serie (sofern man „Andor“ vielleicht etwas separat betrachten möchte) richtig begeistert. Die Charaktere sind unfassbar gut in echt „gezeichnet“, auch wenn die Hauptfiguren ursprünglich aus einer Animations-Serie stammen. Die Story ist stimmig, der „Look“ ist authentisch und selbst der Einsatz von CGI, den wir sonst gern kritisieren, ist wohltuend gut dosiert. Spannend ist auch, dass wir zum ersten Mal in Star Wars-Liveaction wirklich eine Frauen-Gang haben, die auch mal vollkommen ohne überzogene Cliché-Erzählungen auskommt. Mit Sabine, Hera und Ahsoka würden wir jederzeit in ein neues Abenteuer starten, um unsere rudimentären Jedi-Fähigkeiten endlich mal auszubauen und zu vertiefen, wenn sie uns dann an Bord der „Ghost“, dem Schiff der „Rebels“, überhaupt mitnehmen würden😉.
Nach 4 Folgen geben wir eine ganz klare „Musst-Du-Gucken“-Empfehlung und können bei der Qualität eigentlich kaum glauben, dass Disney das Ding dann am Ende doch wieder irgendwie versaut. Aber man weiß ja nie…